Die Einstellungen zu Christentum und Islam Auf den vorherigen Seiten streifte ich nur die rabbinischen Haltung gegenüber diesen beiden Religionen in einigen Beispielen. Es ist aber nützlich, diese Einstellungen hier kurz darzustellen. Den Judaismus erfüllt ein sehr tiefer Haß gegen das Christentum, ohne letzteres überhaupt zu kennen. Dieser Haß verstärkte sich eindeutig durch die christlichen Verfolgungen der Juden, ist aber weitestgehend davon unabhängig. Er stammt aus der Zeit, als die machtlosen Christen selbst verfolgt (nicht zuletzt durch die Juden) wurden, und wurde auch von Juden geteilt, als Christen die Juden nicht verfolgten oder ihnen sogar halfen. So war Maimonides moslemischen Verfolgungen durch das Regime der Almohaden ausgesetzt und flüchtete vor ihnen zunächst in das Königreich Jerusalem der Kreuzfahrer, was seine Ansichten nicht im geringsten änderte. Diese tiefe negative Haltung gründet sich auf zwei Hauptelemente. Zunächst einmal auf die haßerfüllten und bösartigen Verleumdungen gegen Jesus. Man muß natürlich die traditionelle Haltung des Judaismus gegenüber Jesus scharf von den unsinnigen Kontroversen zwischen Antisemiten und jüdischen Apologeten hinsichtlich der "Verantwortlichkeit" für seine Hinrichtung unterscheiden. Die meisten modernen Gelehrten geben zu, daß man wegen des Fehlens von Quellen und zeitgenössischen Berichten sowie der späten Abfassung der Evangelien und der Widersprüche zwischen ihnen die genauen historischen Umstände der Hinrichtung Jesu nicht kennt. In jedem Falle ist aber der Begriff der Kollektiv- und Erbschuld sowohl niederträchtig als auch absurd. Was hier aber zur Debatte steht, sind nicht Tatsachen über Jesus, sondern die ungenauen und sogar verleumderischen Berichte im Talmud und in der nachtalmudischen Literatur, denen die Juden bis zum 19. Jahrhundert glaubten und viele Juden, besonders in Israel, auch heute noch für wahr halten. Deswegen spielten diese Berichte sicherlich eine wichtige Rolle beim Entstehen der jüdischen Einstellung gegenüber dem Christentum. Nach dem Talmud verurteilte ein ordentliches rabbinisches Gericht Jesus wegen Götzenanbetung, weil er andere Juden dazu aufrief und die rabbinische Autorität verächtlich machte. Alle jüdischen Quellen, die seine Hinrichtung erwähnen, übernehmen freudig die Verantwortung dafür. Der talmudische Bericht erwähnt noch nicht einmal die Römer. Die populäreren Darstellungen, die man nichtsdestoweniger sehr ernst nahm, wie die berüchtigten Toledot Jeschu, sind ein noch schlechteres Beispiel, da sie ihm nicht nur die oben genannten Verbrechen, sondern auch Zauberei anlasten. Schon der Name "Jesus" war und ist noch heute für die Juden ein Symbol für alles Verdammenswerte. Eine ähnlich tiefe Verachtung hegt man gegenüber den Evangelien. Sie dürfen auch in modernen jüdischen Schulen Israels nicht zitiert (geschweige denn gelehrt) werden. Zum zweiten stufen die rabbinischen Lehren das Christentum als eine Religion aus theologischen und damit auf Unkenntnis beruhenden Gründen als Götzendienst ein, und zwar aufgrund einer allzu groben Auslegung der christlichen Lehrmeinungen über die Menschwerdung Christi und die Dreieinigkeit. Alle christlichen Embleme und bildlichen Darstellungen werden als "Götzenbilder" betrachtet - sogar von jenen Juden, die buchstäblich Schriftrollen, Steine oder persönliche Dinge von "heiligen Menschen" anbeten. Im Gegensatz dazu nimmt der Judaismus eine relativ milde Haltung gegenüber dem Islam ein. Der Mohammed verliehene Beiname "Verrückter" (meschugga) war nicht so beleidigend, wie er vielleicht heute klingen mag, und verblaßt in jedem Falle vor den schimpflichen Begriffen, die man Jesus zudachte. Ebenso ist der Koran, anders als das Neue Testament, nicht zur Verbrennung freigegeben. Er wird zwar nicht so geehrt, wie die islamischen Gesetze die heiligen jüdischen Schriften ehren, sondern als normales Buch behandelt. Die meisten rabbinischen Autoritäten sind der einhelligen Meinung, daß der Islam keine Götzenanbetung ist (obwohl einige Führer des Gusch Emunim dies heute ignorieren). Deshalb legt die Halacha fest, daß Juden Moslems nicht schlechter als "gewöhnliche" Nichtjuden behandeln sollen - aber auch nicht besser. Auch hier können wir wieder Maimonides zur Veranschaulichung heranziehen. Er stellt nämlich ausdrücklich fest, daß es sich beim Islam nicht um Götzendienst handelt. Auch zitiert er in seinen philosophischen Werken mit großem Respekt viele philosophische Autoritäten des Islam. Er war, wie schon zuvor erwähnt, Leibarzt von Saladin und seiner Familie, und Saladin ernannte ihn zum Oberhaupt über alle ägyptischen Juden. Dennoch gelten alle von ihm festgelegten Vorschriften gegen die Rettung nichtjüdischen Lebens (außer zur Abwehr von Gefahren gegen Juden) gleichermaßen für Moslems.
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A/ 1- Israel - ein Utopia für Auserwählte?
B/ 6- Vorurteile und Verfälschungen
C/ 12- Orthodoxie und Interpretation
D/ 23- Die Bürde der Geschichte
E/ 33- Gesetze gegen Nichtjuden
F/ 49- Politische Konsequenzen
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